Angesichts des mit 30% bedeutenden Anteils der Rückbauabfälle an den jährlichen Treibhausgasemissionen der Schweiz ist der von der Stiftung Abendrot, dem baubüro in situ ag, dem Ingenieurbüro Oberli und der Wetter AG umgesetzte Ansatz ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigen Baukultur.
Die Projektverfassenden praktizieren und verfeinern seit Jahrzehnten eine pragmatische und fruchtbare Auseinandersetzung mit der gebauten Umwelt ausgehend von Bauteilen für die der normale Markt keine Verwendung findet. Ausgangspunkt der Aufstockung des Kopfbaus der Halle 118 für Ateliers und Gewerbe, war die Wiederverwendung von andernorts nicht mehr gebrauchten primären Bauteilen wie Tragkonstruktion, Treppe und Fassade.
Alle Dinge die schon da sind sowie Holz, Stroh, Lehm
Die Architektinnen und Architekten von in situ fassen die von ihnen entwickelte Herangehensweise zusammen mit dem griffigen Motto «Alle Dinge die schon da sind sowie Holz, Stroh, Lehm». Mit Dingen die schon da sind ist nicht gemeint, dass die Dinge schon am Ort sind, sondern, dass sie irgendwo schon physisch existieren und dem Projekt zur Verfügung stehen. Diese Vorgehensweise macht aus der Bauaufgabe eine logistische Herausforderung deren Bewältigung zu ungewohnten Ab- oder Unabhängigkeiten zwischen Bauteilen und damit zu einem nur schwer einschätzbaren architektonischen Ausdruck führt. Das Resultat ist bewusst pragmatisch und primär die gebaute Antwort auf die Frage, ob und wie ein funktional komplexer Neubau zu einem grossen Teil mittels wiederverwendeter Stahlbauteile wirtschaftlich erstellt werden kann.
Fazit der Jury
Mit der Verleihung einer Anerkennung drückt die Jury des Prix Acier ihre Wertschätzung für ein Projekt aus, welches nicht nur gedanklich an die alte Bautradition der Wiederverwendung von grossen Bauteilen anknüpft, sondern diese auch gekonnt umsetzt und so eine wichtige und zukunftweisende Verwendung von Baustahl aufzeigt.
23. Juni 2021 | Simon Hartmann