Passerelle des Rives de la Broye

Anerkennung
Ort
Payerne
Bauherrschaft
Implenia Immobilier SA, Renens
Architektur
savioz fabrizzi architectes, Sion
Tragwerksplanung
INGENI SA, Carouge
Stahl-/ Metallbauunternehmen
Stephan SA, Givisiez
Fertigstellung
2019

Das Projekt für die Fussgänger- und Fahrradbrücke über die Broye vom Ingenieurbüro Ingeni SA und von Savioz Fabrizzi Architectes ging als Sieger aus einem Wettbewerb im Einladungsverfahren hervor. Die 3 Meter breite Passerelle aus wetterfestem Baustahl (Corten) überspannt das Flüsschen Broye im waadtländischen Payerne mit einer Spannweite von gut 36m.

Sie verbindet elegant die durch eine alte Baumallee gesäumten Uferwege zwischen einem Wohngebiet am rechten mit einem Industriegebiet am linken Ufer.
Auf den ersten Blick wirkt die Passerelle wie eine rein funktionale Trogbrücke. Dem versierten Betrachter sticht aber sofort die ungewohnte Transparenz der Konstruktion ins Auge, welche sogar die dahinterliegenden Bäume durch die rautenförmigen Blechausschnitte im Steg durchschimmern lässt und sich so harmonisch in die malerische Landschaft einfügt.
Mit einer sorgfältig konzipierten Beleuchtung wird mit diesem Effekt auch nachts gekonnt gespielt. Diese ausgeprägte Transparenz konnte primär dank der Einspannung der Passerelle an den beiden Widerlagern erreicht werden. Die Ingenieure von Ingeni reizten diesen Parameter konsequent aus: Der Wendepunkt, wo die Druckkraft im Oberflansch in eine Zugbelastung übergeht, liegt ziemlich exakt im Drittelspunkt der Spannweite.
Das Lagereinspannmoment bewirkt neben einem deutlich verbesserten Schwingungsverhalten ein geringeres Biegemoment in Feldmitte und damit verbunden geringere Druckkräfte im Oberflansch. Dies ermöglichte es, den Oberflansch nicht wie gewohnt zentrisch über dem Steg, sondern seitlich, winkelförmig dahinter verborgen, anzuordnen und durch lediglich vier zurückversetzte vertikale Spezialrippen zu stützen. Diese zurückversetzte Anordnung der vertikalen Bauteile ist die Grundlage für den mit dem harmonisch auslaufenden Rautenmuster nahtlos erzeugten Licht-Schatten-Effekt.
Die Rautenwinkel folgen in diesem Muster dem Verlauf der Spannungstrajektorien und der Öffnungsgrad im Steg reduziert sich fliessend mit zunehmender Querkraft zu den Auflagern hin. Die Planenden haben es dabei nicht nur bei einer reinen Perforation der Stegbleche belassen, sondern durch partielle Schrägstellung des Schneidkopfs beidseits eine Anschrägung der Rautenschnittkanten erzeugt, was den Transparenzeffekt durch Lichtreflektionen zusätzlich verstärkt. Nur dank numerischen Berechnungsmethoden konnte dieses Rautenmuster optimiert und die für den automatisierten Blechzuschnitt notwendigen Maschinensteuerungsdaten automatisch generiert werden. Es ist ein ausgezeichneter Beweis dafür, dass die Digitalisierung und die parametrische Planung im Stahlbau längst Einzug gehalten haben.
Der unendlich rezyklierbare Werkstoff Stahl lässt zudem das Gedankenspiel zu, dass die hier herausgeschnittenen Blechstücke nach der Aufbereitung im Walzwerk bei einer anderen Passerelle eine tragende Rolle übernehmen werden.

Die verborgen mutige Ingenieurleistung, die dezente Gestaltung der Planenden und die höchst anspruchsvolle aber sorgfältige Umsetzung des Stahlbauers verdienen eine Anerkennung.

23. Juni 2021 | Bernhard von Mühlenen