Sanierung und Erweiterung Schulanlage Auen, Frauenfeld

Ort
Frauenfeld
Bauherrschaft
Sekundarschulgemeinde Frauenfeld
Architektur
jessenvollenweider architektur ag, Basel
Tragwerksplanung
ZPF Ingenieure AG, Basel
Stahl-/ Metallbauunternehmen
Pfister Metallbau AG, Mauren | Tuchschmid AG, Frauenfeld | Krapf AG, Engelburg | FIBA Metallbau GmbH, Schlatt
Fertigstellung
2018

Die Schulanlage Auen, 1969 von Barth und Zaugg in Frauenfeld gebaut, ist – frei nach ihrem Vorbild Mies van der Rohe (IIT Campus Chicago 1946) –
durch einen einheitlichen, durchgehenden modularen Grundraster definiert, der alles, von der städtebaulichen Setzung über die Tragstruktur bis hin zu den Fassadenteilungen dieser Stahl-Glas Architektur, definiert.

essenvollenweider Architekten eignen sich mit ihrer sehr feinfühligen, aber auch kultivierten Vorgehensweise die Sprache dieses vom Raster generierten modularen Stahlbaus an. Sie zeigen dabei eine profunde Kenntnis und, bis hin zum Kennwort «Phyllis», intensive Auseinandersetzung mit der «Solothurner Schule» und ihren Vorbildern Mies van der Rohe und Konrad Wachsmann.
Das Projekt stellt in vielerlei Hinsicht, gestern wie heute, ein exemplarisches Beispiel für die Vorzüge des modularen Montagebaus in Stahl dar. Es zeigt auf, wie nachhaltig Stahlbau insbesondere in der Auslegung der «Solothurner Schule» und ihrer Vorbilder dank seinen systemischen Qualitäten sein kann.
Die Planenden zeigen eindrücklich auf, wie leicht und natürlich dank ihrer kultivierten Zurückhaltung der denkmalgeschützte Bestand in seiner baukulturellen Integrität erhalten bleibt, während die bestehende Turnhalle systemkonform unter Erhaltung der Bausubstanz erweitert wird, und das vorgefundene Ensemble der Schulanlage Auen, dank einer neuen Interpretation des generierenden Rasters, durch drei Neubauten organisch ergänzt wird. Der pragmatische Eingriff in die Situation und Komposition erweist sich in Wirklichkeit als subtile Auseinandersetzung mit der Baukultur des Bestands. Eine Haltung, die in ihrer Einfachheit und Klarheit im Geiste des Originals weiterbaut.
Es entsteht ein völlig neues Ensemble, das die ursprüngliche Idee so weit verstärkt, dass man das Gefühl hat, es sei schon immer so gewesen. Der neue Campus wird Teil des kollektiven Gedächtnisses.
Dabei verzichten jessenvollenweider Architekten zusammen mit zpf Ingenieuren keineswegs auf eine eigene architektonische und konstruktive Handschrift. Im Gegenteil: Die Architektur der Neubauten nimmt zwar die strukturelle Logik der Bestandsgebäude auf, interpretiert sie aber völlig neu. Das Stahltragwerk der neuen Pavillons wird nach aussen gelegt, die Stützen sind konsequenterweise aus den Ecken geschoben und machen bei aller Verwandtschaft mit dem Bestand den differenzierten Charakter der Neubauten ablesbar: wie eine Sprache, die sich ständig erneuert, wie ein urbanes Palimpsest das ständig überschrieben wird, in seiner Essenz aber immer lesbar bleibt: als Stahlbau.

23. Juni 2021 | Aldo Nolli