


Das nächste Projekt, das den zweiten Preis erhält, ist ein gewagter und visionärer Vorschlag an der Kreuzung mehrerer dringender und aktueller Themen. Zunächst ist es eine städtebauliche Vision, eine Idee zur Verdichtung und zur Frage, wie wir in unseren wachsenden Städten nachhaltig bauen können. Beim Bau von hochwertigem Wohnraum geht es nicht nur um die Bereitstellung einer angemessenen Anzahl von Wohneinheiten, sondern allem voran um die Einsicht, dass es beim nachhaltigen Städtebau in erster Linie um unseren gemeinsamen Raum geht. Doch wie können wir in einer Stadt wie Zürich, in der bereits viel gebaut wurde, Freiflächen zurückgewinnen?
Zweitens geht es bei dem Projekt um Wiederverwendung. Doch im Gegensatz zu den oft nostalgischen Projekten, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, wagt es der zweite Preisträger zu fragen: Wie können wir unsere gebaute Umwelt nicht als unbeschriebene Blätter behandeln, sondern als eine materielle Ressource, die die Geschichte aufwertet und gleichzeitig in die Zukunft blickt? Umnutzen heisst nicht bewahren, sondern neues Leben geben, die Lebensdauer eines Gebäudes verlängern, in diesem Fall die historischen SBB-Werkstatthallen, die zu den letzten Verdichtungsmöglichkeiten in Zürich gehören.
Schliesslich ist der Vorschlag eine echte Integration eines architektonischen Konzepts mit einem baulichen Tragwerks-Konzept. Das eine könnte ohne das andere nicht existieren. Während der Jurierung der vielen Projekte fanden wir viele sehr überzeugende architektonische Entwürfe und auch schöne technische Lösungen, aber nur wenige, die wirklich tiefgreifend und konzeptionell integrativ waren, und sehr wenige, deren Lösungen nur durch den Einsatz von Stahl möglich sind. Die Eigenschaften des Stahls, der aufgrund seiner Dehnbarkeit und Zugfestigkeit leistungsfähiger ist als jedes andere Material, werden hier auf radikalste Art und Weise genutzt. Die Struktur der über der SBB-Halle errichteten Wohnriegel dient als strukturelle Masten für einen hängenden Garten, der über dem historischen Bauwerk schwebt. Der kollektive Aussenraum für die Nachbarschaft erschliesst ein sonst ungenutztes Aussenraumpotenzial des tiefen Grundrisses des Bestands und belässt die historische Struktur ungestört. Die Synergie dieser beiden Bewegungen bewahrt und schafft gleichzeitig Neues. Die plausibel analysierte Struktur wird zum ausdrucksstarken und atmosphärischen Merkmal dieser neuen Entwicklung, die von weitem durch ihre ikonische Präsenz im städtischen Massstab erkennbar, aber auch durch ihre raffinierten Stahldetails im Massstab der Wohneinheiten und des Gartens erlebbar wird.
Vor allem aber erinnert uns dieses Projekt daran, dass wir bei der Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts - Klimawandel, begrenzte Ressourcen, nachhaltiges Bauen - nicht vergessen sollten zu träumen. Wir sollten nicht vergessen, die derzeitigen Praktiken zu hinterfragen, aber wir sollten uns auch nicht nur auf Pragmatismus verlassen. Schönheit ist Widerstandsfähigkeit.
Ich möchte Linda Bühler zu ihrer Diplomarbeit Hohltopja gratulieren, die sie an der ETH Zürich unter der Leitung von Gigon Guyer und der Beratung von Prof. Philippe Block abgeschlossen hat. Herzliche Gratulation!
Das Areal „SBB Hauptwerkstätte“ in Zürich Altstetten entlang der Hohlstrasse befindet sich in einer Transformationsphase ausgelöst durch den Masterplan «Werkstadt Zürich». Der ursprüngliche bahnbetriebliche Nutzen der „Reparaturwerkstätte“ der SBB wird aufgelöst und soll in eine „Werkstadt“, einem Ort für urbane Produktion, Kreativwirtschaft und Kulturszene transformiert werden. Die gesamte Anlage gilt als überkommunales Schutzobjekt. Der industrielle Charakter der historischen Backsteingebäude, die Aussenräume und öffentlichen Freiräume sollen erhalten werden. Der Masterplan beinhaltet neben der vorgesehenen baulichen Nachverdichtung, ein vielfältiges Nutzungsangebot sowie Leitlinien für die Freiraumgestaltung. Damit sind die Voraussetzungen gegeben, damit sich das Areal zu einem attraktiven Ort für die
Stadt Zürich entwickelt