Erstes Tragwerk aus dekarbonisiertem Stahl in der Schweiz
Anfangs August wurde in Rossens für das zukünftige Autohaus DIMAB, das erste Tragwerk der Schweiz aus dekarbonisiertem Stahl durch Morand Constructions Métalliques aufgestellt. Mit dekarbonisiertem Stahl wird der CO2-Fussabdruck massiv reduziert (333 kg CO2 pro Tonne Stahl), also um das Siebenfache im Vergleich zum klassischen Hochofen/Stahlwerk (2’300 kg CO2 pro Tonne Stahl). Die Träger aus dekarbonisiertem Stahl werden in einem Lichtbogenofen unter Verwendung von 100% erneuerbarem Strom aus recyceltem Stahl hergestellt. Eine unabhängige Zertifizierungsstelle bestätigt, dass der im Stahlherstellungsprozess verwendete Strom aus erneuerbaren Quellen stammt.
Bei der Verwendung von nicht erneuerbarem Strom und dem Nutzen von Schrott und recyceltem Stahl werden im Vergleich dazu etwa 600 kg CO2 pro Tonne Stahl ausgestossen. Die stoffliche Verwertung von Abfällen – allgemein als Recycling bezeichnet – gehört seit über 100 Jahren zum Standard. Wenn dazu noch 100% erneuerbare Energie verwendet wird, halbieren sich fast die Umweltauswirkungen eines dekarbonisierten Stahls – und das bei einem geringen Mehrpreis von 2 bis 4%. Für eine umweltbewusste Bauherrschaft bietet dies ein äusserst günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Dekarbonisierung (oder auch Entkarbonisierung) bezeichnet die Umstellung einer Wirtschaftsweise, speziell der Energiewirtschaft, in Richtung eines niedrigeren Umsatzes von Kohlenstoff. Das Ziel ist auf Dauer die Schaffung einer kohlenstofffreien Wirtschaft im Rahmen der Energiewende.
Bei der Dekarbonisierung werden Handlungen und Prozesse, durch die Kohlenstoffdioxid (CO2) freigesetzt wird, durch solche Prozesse abgelöst, bei denen diese Freisetzungen unterbleiben oder kompensiert werden. Im Hinblick auf die modellhafte Untersuchung von Energiesystemen ist Dekarbonisierung die Verringerung der Kohlenstoffintensität der Energieversorgung, also der pro Einheit erzeugter Energie verursachten CO2-Emissionen. Es handelt sich damit um einen angebotsseitigen Ansatz der Emissionsminderung, der – neben einer Verringerung der Energienachfrage (Energieeffizienz, Energiesuffizienz) – auf eine Verlagerung der Nachfrage auf weniger emissionsintensive Energieträger abzielt. Die Dekarbonisierung ist damit ein zentrales Mittel des Klimaschutzes sowie einer der Hauptpfeiler der Energiewende: Ziel ist die CO2-Neutralität der Wirtschaft.
Aufpassen: Mit De- oder Entkarbonatisierung (z.Bsp. von Beton) oder der Ent-/Dekarbonisierung bei der Wasseraufbereitung (auch Entcarbonisierung geschrieben, gemeint ist Entcarbonatisierung = Verfahren der Wasseraufbereitung, bei denen zur Verminderung der Wasserhärte die Carbonathärte vermindert oder beseitigt wird) nicht verwechseln.
Stahl ist das Material der Exzellenz. Er kann unbegrenzt und zu 100% recycelt werden, ohne dass sich seine Eigenschaften dabei ändern. Aufgrund seiner magnetischen Eigenschaften und seiner Verwertung lässt sich Stahl sehr leicht sortieren, was ihn zum weltweit am häufigsten recycelten Material macht. Durch die Einsparung vom Eisenerz, die aus der Rückgewinnung und dem Recycling am Ende der Lebensdauer vom Stahl resultiert, werden die natürlichen Ressourcen geschont. Noch besser ermöglicht die Wiederverwendung von Stahlbauteilen die Aufwertung der Anfangsinvestition an grauer Energie über mehrere Materiallebenszyklen hinweg. Ein selektiver Rückbau, eine geschickte Aufstockung, eine Erweiterung oder Zusammenlegung von Gebäuden gewinnen an Bedeutung gegenüber dem unkontrollierten Abbruch bestehender Bauwerke.
Im Vergleich zu anderen Materialien ist Stahl umso besser positioniert, da hohe Tragfähigkeiten und Spannweiten mit sehr wenig Material gewährleistet werden können und gleichzeitig Flexibilität, Modularität und Schnelligkeit bei der Montage (bzw. Demontage) sowie eine beeindruckende Dauerhaftigkeit gegeben sind. Die ältesten Stahlbrücken der SBB, die 150 Jahre alt und immer noch in Betrieb sind, zeugen davon. Stahl spielt eine entscheidende Rolle beim ökologischen Bauen und wird uns immer wieder positiv überraschen.
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